11.000 – so viele Gemeinden gibt es in Deutschland. Jede hat ihre Besonderheiten, was es schwer macht, Vergleiche anzustellen. Die Datenlage ist auch deshalb mühselig zusammenzusuchen, weil das Kommunale nicht den öffentlichen Stellenwert von Landes- und Bundespolitik hat. Aber eines haben nahezu alle Gemeinden gemeinsam und schwer herauszufinden ist es auch nicht: Zu wenig Frauen in den Räten und Amtsstuben.
Bundesweit beträgt der Anteil von Frauen in den Räten der 401 Landkreise und kreisfreien Städte 28,5%. In den kreisangehörigen Gemeinden lag der Wert im Jahr 2019 bei 27,7%.
In 33 von 294 Landkreisen stehen Landrätinnen an der Verwaltungsspitze und elf von 107 kreisfreien Städte haben eine (Ober-)Bürgermeisterin. In den kreisangehörigen Gemeinden ist das in 9% der Fall, sagt eine jüngst erschienene Studie der EAF Berlin.
Die Literatur- und Studienlage zeigt ein widersprüchliches Bild: Mit der Größe und Urbanität einer Gemeinde steigt der Anteil der Frauen im Rat. Gleichzeitig sinkt aber die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau das Amt des Bürgermeisters oder des Landrats einnimmt. Wie kommt das zustande?
Große Kommune – kleine Kommune
Anzunehmen ist, dass mit steigender Gemeindegröße den Parteien als Wahlvorschlagsträgern eine höhere Bedeutung zukommt. Gerade in Städten haben diese einen größeren Frauenanteil, also können sie auch aus einem größeren Kreis an Kandidatinnen schöpfen. Kommen dann noch Satzungsinstrumente wie die quotierte Aufstellung von Wahllisten hinzu, steigt auch der Anteil von Frauen in den Räten.
Andersherum gilt, je kleiner und ländlicher die Gemeinde, desto geringer der Frauenanteil. Parteien spielen weniger eine Rolle als unabhängige Wählervereinigungen, die sich zu ortsspezifischen Themen organisieren. Vorbehalte und traditionelle Rollenvorstellungen sind hier stärker ausgeprägt, es gibt weniger Vorbilder und Role-Models, die Mut zusprechen. Nicht zuletzt sind im städtischen Raum die Wege kürzer und es gibt mehr Unterstützungsstrukturen, die das verantwortungsvolle Ehrenamt erst ermöglichen. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit Beleidigungen und Bedrohungen: Kommunalpolitikerinnen werden mehr als ihre männlichen Kollegen wegen des Geschlechts angegriffen und sexistisch bedroht. Bei solchen Über- und Angriffen Unterstützung und Verständnis zu finden, ist mehr in den Städten gegeben als im ländlichen Raum.
Arbeitslast und Ansprüche
Ähnliches gilt für Bürgermeisterinnen. Auch sie werden wegen ihres Geschlechts gezielt als Frau diffamiert und angegriffen, jüngere trifft dies noch häufiger als ältere. Sie sehen sich auch stärkeren Vorbehalten und Widerständen ausgesetzt, überhaupt für den Posten der Verwaltungsspitze zu kandidieren. Vor allem jüngere Frauen haben es tendenziell schwerer, eine Kandidatur für sich zu entscheiden.
Einmal im Amt ist die Arbeitsbelastung nicht zu unterschätzen: 50 bis 60 Wochenstunden sind für hauptamtliche Bürgermeister:innen keine Seltenheit, 20 bis 40 Wochenstunden sind es für ehrenamtliche(!) Bürgermeister:innen. Hinzu kommen die starke Verrechtlichung und Komplexität der Aufgaben; fehlende Mittel und beschränkte Handlungsspielräume treffen auf wachsende Ansprüche der Bürger:innen. Ohne Unterstützung, die mit tradierten Rollenvorstellungen bricht, ist das kaum zu leisten.
Wie soll es weitergehen?
Soll es in der Kommunalpolitik gleichberechtigt zugehen, muss sich also einiges ändern. An erster Stelle stünde, wie die Gesellschaft mit Kommunalpolitikerinnen, Bürgermeisterinnen und Landrätinnen als Menschen und Mandatsträgerinnen umgeht. Denn die Unterrepräsentanz von Frauen als „Verfassungsbruch in Permanenz“ ist hochproblematisch für ein politisches Gemeinwesen, das Selbstverwaltung üben will, aber beträchtliche Teile des Gemeinwesens daran nicht teilhaben können – oder weil sie wegen Erfahrungen mit Diskrimierung auf Grund von Geschlecht oder Sexualität gar nicht mehr wollen.