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Die lokale Verankerung geht verloren. Zur Krise der Kommunalpolitik
Von Konrad Heinze
Von knapp 30.000 bleiben rund 13.000 MandatsträgerInnen übrig, von über 1.600 Gemeinden nur 419, von einst 48 Landkreisen sind es jetzt nur noch 10. Vergleicht man den Stand der Dinge von 1990 mit 2019 ist augenfällig, wie sehr die Kommunalpolitik in den letzten 30 Jahren gelitten hat.
Ein jüngst erschienener Beitrag des Ifo-Instituts in Dresden schlüsselt den Verlust kommunaler Ehrenämter während der vergangenen drei Dekaden detailliert auf – und benennt auch die Ursache. Der Schwund an kommunalen Mandaten ist ein Nebeneffekt von Gebietsreformen samt der damit einhergehenden Gemeinde- und Kreisfusionen.
Anschaulich wird es am Beispiel der Fusion der Kommunen Aue und Bad Schlema: Von 22 Stadt- und 18 GemeinderätInnen werden am Ende laut Gemeindeordnung 26 StadträtInnen übrig bleiben. Auch wenn der Stadtrat der nun fusionierten Gemeinden beschließen möge, dass die Anzahl der RätInnen auf die nächsthöhere Größengruppe heraufgestuft wird, sind das nur 30 an der Zahl. Demnach werden wenigstens zehn Personen vor Ort ihr Mandat verlieren.
Engagierten Menschen gibt man also zu verstehen, dass ihr Engagement nicht benötigt wird. Dass ihr Handeln vor Ort überflüssig ist. Das ist fatal und hat wiederum Folgen, nicht nur für die kommunale Demokratie.
Zum einen steigt die Arbeitsbelastung der übrig gebliebenen KommunalpolitikerInnen. Viele Politikfelder sind mittlerweile dermaßen verrechtlicht, dass sie für Laien und gestandene KommunalpolitikerInnen gleichermaßen als ein Gewirr von Paragrafen und Vorschriften erscheinen. Die Einführung der Doppik hat das nicht einfacher gemacht, im Gegenteil. Gerade die wichtigste Kompetenz jeder kommunalen Vertretung, über den Haushalt zu bestimmen, ist ohne eine tief gehende fachliche Ausbildung kaum mehr möglich.
Zum anderen verstärkt sich ein Trend, den aktive KommunalpolitikerInnen seit Jahren mit Sorge sehen: Dass die kommunale Selbstverwaltung auf eine „Restzuständigkeit“ limitiert wird. Rund 90% der kommunalen Ausgaben sind durch staatliche Gesetze und Richtlinien festgelegt, eine Reihe von eigenständigen Gemeindesteuern hat der Bund an sich gezogen. Da bleibt wenig Luft für die freiwilligen Aufgaben und umso größer ist das Gefühl von Geringschätzung und Bevormundung. Nicht überraschend sinken dann in den zusammengelegten Großgemeinden und – kreisen sowohl die Wahlbeteiligung als auch die Bereitschaft, selbst zu kandidieren.
Zwar wird immer wieder von Seiten des Bundes und des Freistaats Sachsen betont, wie wichtig das kommunale Ehrenamt für die lokale Demokratie ist. Aber Funktionalreformen, die den sächsischen Kommunen wieder mehr eigenständigen Entscheidungsspielraum geben, sind nicht abzusehen.
Konrad Heinze ist stellvertretender Vorsitzender des Kommunalpolitischen Forum Sachsen